„Noch ist der Schnee moderat“

Im Winter ist der Wald anders: Spuren im Schnee offenbaren die Wildwechsel, die Ruhestellen und die Futtersuche der Wildtiere für das geübte Auge der Jäger.

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Die Jagdhunde Emma, Ottilia, Aletta und Haiduc schnüffeln intensiv. „Durch den Schnee sehen nun auch wir Menschen, welche Spuren die Hunde aufnehmen“, freut sich Anika Klein. Sie, Steffen Herr und seine Frau Renate sind an diesem sonnig-kalten Tag im Januar unterwegs im Wald bei Ziegelbronn. Alle drei sind erfahrene Jäger.

 

Die Wege der Wildtiere, „Wechsel“ genannt, sind im Schnee deutlich zu erkennen und kreuzen die Pfade der Menschen. „Das Trittsiegel da ist vom Fuchs“, zeigt Klein auf eine gerade Pfotenspur. Gleich daneben sind Hasen gelaufen. Jeweils zwei große längliche und zwei kleinere Abdrücke sind zu sehen. „Die werden bei uns nicht gejagt“, berichten die drei aus ihren Revieren, denn es seien nur wenige. Der Fuchs hingegen habe keine natürlichen Feinde, sein Bestand werde reduziert.

 

Jede Störung vermeiden

 

Klein hält ihre beiden Hunde fest. „Im Winter bleiben sie im Wald angeleint“, erklärt sie. Denn bei Kälte ruhen die Wildtiere viel. Jede Störung scheuche besonders die Rehe unnötig auf. Dabei verbrauchen sie ihre Kraftreserven. „Das kann bei Schnee und Frost ihren Tod bedeuten“, warnt sie. Weiter vorne ist die Schneedecke am Waldrand an mehreren Stellen aufgebrochen. „Da haben sie bis zur Grasnarbe gescharrt“, liest Steffen Herr aus den Spuren. „Sie“ sind Rehe und Hasen. Am Südhang zwischen den Bäumen sieht man Liegestellen von Rehen als freigelegte ovale Stellen am Waldboden. „Windgeschützt, mit Aussicht und Sonne, das lieben sie“, schmunzelt Klein. Sie zeigt das mitgebrachte dicke grau-braune Winterfell eines Rehs. „Die Haare sind hohl und speichern die Wärme gut, die frieren nicht.“ Ihre Finger versinken fast darin beim Flauschen.

 

Je tiefer der Schnee, umso schwieriger gestalte sich die Nahrungssuche. „Noch sind die Schneehöhen aber moderat“, beruhigt Klein. Im Winter dürfe man selbst als Jäger die Wildtiere nicht füttern. „Dabei wäre das je nach lokalem Revier manchmal nötig“, bedauert Steffen Herr das Verbot und zieht kritische Vergleiche zur unkontrollierten Vogelfütterung. In seinem Revier gebe es viele Käferholz- und Sturmflächen. „Die Rehe finden die Äsung im Liegen“, scherzt der 54-Jährige. Doch im Wald bei Ziegelbronn ist der Boden eher kahl. „Dort wachsen kaum Schößlinge, da im Sommer der Laubwald zu dicht ist“, erzählt Klein.

 

Oberhalb der Klinge stehen große Buchen und Eichen. Darunter ist der Boden aufgewühlt, Laub und Erde statt Schnee liegen obenauf. „Hier haben Wildschweine nach Eicheln und Buch­eckern gesucht“, nickt Steffen Herr. Die Tiere leben meist im dichten Brombeerverschlag, laufen aber bis zu zehn Kilometer am Tag. Dabei seien sie erstaunlich leise. Manchmal höre man die Wildscheine knacken und prusten. Im Winter stünde nachts der volle Mond höher und das Weiß des Schnees reflektiere das Licht. „Da sieht man die viel besser“, erklären die Jäger. Der geschlossene Ansitz, die Kanzel, wird für die Jagd genutzt. Die erhöhte Position schützt die Jäger davor, dass die Tiere Witterung bekommen. Dabei achten die Jäger stets auf einen perfekten Schuss.

 

Nach der Jagd wird allen erlegten Tieren traditionell mit dem Jagdhorn und einem eigenen Signal „die letzte Ehre“ erwiesen. Für die drei Jäger ist das Schießen in Jagdzeiten Mittel zum Zweck, sie schätzen aber auch das Wildfleisch. „Die Wilddichte muss in unserer Kulturlandschaft reduziert werden, sonst kommt es zu beträchtlichen Schäden“, betont Herr, dessen Vater auch schon Jäger war. Die Jäger sehen sich als Partner der Landwirte, Waldbesitzer und Fischer. Alle drei arbeiten in Vollzeit in anderen Berufen und sind dennoch nachts und in der Dämmerung viel unterwegs. „Wenn man das von Wildschweinen umgewühlte Feld sieht oder die von Wildbiss beschädigte Schonung, ist das schon arg“, betonen Klein und Herr. „Wir sind ganz normale Leute aus der Mitte der Gesellschaft“, betont Anika Klein. Die 39-Jährige kam auf das Hobby durch das Training mit ihrem ungarischen Vorstehhund. Renate Herr entspannt gerne in der Natur, zur Jagd kam sie durch ihren Mann. Wenn‘s mich richtig packt, bin ich jede Nacht draußen“, verrät Steffen Herr. Egal, wie kalt es sei. Mittels seiner Wildkamera habe er bereits Waschbären im Mainhardter Wald gesehen, berichtet er. Wildkatzen jedoch bislang nicht.

 

@ Artikel und Bild: m.swp.de/schwaebisch_hall/lokales/schwaebisch_hall/_noch-ist-der-schnee-moderat_-14363770.html